„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1. Mose 16,13 – Jahreslosung für 2023)

Der Pastor erwischt einen kleinen Jungen dabei, wie er im Pfarrgarten im Apfelbaum sitzt und Äpfel klaut. „Der liebe Gott sieht alles!“ ruft der Pastor hinauf und droht mit dem Zeigefinger. „Ja, aber er verpetzt mich nicht!“ antwortet der Junge keck und lässt den Pastor sprachlos zurück.

Der liebe Gott sieht alles - Generationen von Eltern und Lehrer*innen haben diesen Satz zu Erziehungszwecken benutzt. Generationen von Kindern haben sich so einschüchtern lassen und sind mit der Angst vor einem allwissenden Gott aufgewachsen, der alles sieht und jedes Fehlverhalten bestraft. Wie wohltuend die Sichtweise des Kindes in diesem alten Witz: Gott mag zwar alles sehen, aber er verpetzt mich nicht! Gottes Blick auf seine Kinder ist ein liebevoller Blick, der Sorgen und Nöte, Ängste und Hoffnungen, Dankbarkeit und Glück gleichermaßen wahrnimmt, der die Menschen leitet und begleitet und ihnen auch mal einen neuen Weg eröffnet.

So erfährt es auch Hagar, die Magd der Sara, als sie vor ihrer Herrin in die Wüste flieht. Gott geht ihr nach, spricht sie an und schickt sie zurück. Ob Hagar ahnt, dass ihr in der Wüste Schlimmeres hätte geschehen können als ein Sklavendasein unter Saras Herrschaft? Sie erkennt und bekennt: „Du bist ein Gott, der mich sieht. Der mich freundlich ansieht und es gut mit mir meint.“ Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass wir das neue Jahr beginnen können mit dieser Zuversicht: Der liebe Gott sieht alles, aber er meint es gut mit uns!

Ihre Pfarrerin Barbara Tetzner